Ich habe aus der Bucht zwei schöne Bw-Kalender fischen können, die im Format DIN-A3 (39x27,5cm) zeitgenössisches Geschehen aus der Truppe wiedergeben.
Dabei werden alle drei Teilstreitkräfte abgehandelt.
Der Kalender hat mich so fasziniert, dass ich Euch daran teilhaben lassen möchte.
Dabei werde ich mich hier auf das HEER beschränken und ausgesuchte Seite vorstellen.
Los geht´s:
Titelblatt 1973
(Zu jedem wöchentlichen Kalenderblatt ist rückseitig ein informativer Text abgedruckt, den ich hier jeweils zu der abgebildeten Seite wiedergebe)
2. Januarwoche:
ZitatMeldereiter des Heeres reiten heute nicht mehr auf Pferden, sondern auf stählernen Rössern, beim Heer "Krad" genannt. Diese Abkürzung ist schon sehr alt. Sie stammt aus der Zeit um den Ersten Weltkrieg, als man das Motorrad noch Kraftrad nannte - und Krad ist eine Abkürzung davon, die sich im militärischen Sprachgebrauch bis heute erhalten hat., weil sie kurz und prägnant ist.Die Aufgaben der Kradmelder des Heeres sind dabei die gleichen gebelieben wie die der Meldereiter der Vergangeheit: Befehle und Meldungen überbringen, durch dick und dünn, mutterseelenallein. Wenn man das Krad auf unserem Bild mit einem Pferd und die Uniform des Kradmelders mit einer alten Husarenunifom vertauschen würde, dann könnte dieses Bild wohl hundert Jahre alt sein - so wenig hat sich der Einsatz der Meldereiter geändert. Die Romantik seiner Melderitte ist auch gblieben - allein, selbstständig, pfiffig, gutgelaunt, ein guter Kamerad und ein Meister im Sattel, morgens vor Tag und Tau der erste und abends in der Nacht der letzte ...
Wenn die Fernsprechverbindungen abgerissen sind, der Funkverkehr gestört ist, Hubschrauber nicht mehr fliegen können oder dürfen, die Straßen verstopft sind - dann hat der Kradmelder seine große Stunde. Dann steht er in den Rasten seiner Maschine und reitet querbeet, zum Stab, zur Kompanie. Aber ein Kradmelder in unserem motorisierten und gepanzerten Heer hat noch andere Aufgaben. Er begleitet Kolonnen, weist sie ein, hält sie zusammen, fährt vorweg, leitet sie an Kreuzungen und Abzweigungen - wie ein Schäferhund. Besonders die dicken Panzer sind auf ihre Kradmelder angewiesen, denn sie sehen selbst wenig und ihre Sicht ist oft getrübt durch den Staub, den sie selbst aufwirbeln. Kradmelder erkunden auch Marschwege, Umgehungen, Brücken, Rasträume und Plätze für einen technischen Halt zur Überprüfung der Kolonnenfahrzeuge, sie schildern den Marschweg aus für die nachfolgende Kolonne, und sie melden den Instandsetzungs- und Bergetrupps liegengebliebene und ausgefallene Fahrzeuge. Jede Kompanie des Heeres hat ihre Kradmelder, meist drei, und jeder Stab meist fünf bis zehn. Ihr "Pferd" ist heute die blitzschnelle Hercules K 125 Bw, eine Spezialgeländemaschine, die Ableitung einer äußerst erfolgreichen Geländesportmaschine. Als Miltärkrad noch etwas robuster im Fahrgestell gemacht und etwas zahmer im Motor.
Auf jeden Fall ist sie eine hochmoderne Spezialmaschine, wie sie kaum eine andere Armee besitzt. Kradmelder im Heere zu sein, das ist - nach vielen Aussagen - für einen jungen Mann "eine ganz tolle Sache", denn seine Mühle und der Job mit ihr - die können zur zweiten Natur werden. Viele Kradmelder blieben deshalb länger Soldat, als sie eigentlich wollten. Aber das kann vielleicht nur jemand verstehen, der einmal so richtig Sprit gerochen hat, so eine richtig alte Ölnase, einer, der mit einer rassigen Geländemaschine zwischen den Knien angefangen hat - und dann nicht mehr davon lassen konnte.
Bild Major Rudolf Franzen
Fortsetzung folge - Kai