Ich wollte euch noch meine ersten Eindrücke vom Auto mitteilen, kommt ja nicht alle Tage vor das man sich sowas verrücktes antut.
Die Überführungsfahrt ging ohne Probleme von statten. Das Auto lief prima und hat uns gut nach Hause geschüttelt.
Da die Reifen schon weit vor der Wiedervereinigung das Licht der Welt erblickten und dementsprechenden Härtegrad aufwiesen (und vermutlich auch durch Standschäden gepeinigt waren) hat sich das Auto bei bestimmten Geschwindigkeiten und Bodenbeschaffenheiten stark aufgeschaukelt. Mein Gefühl war: würde man die aktuelle Drehzahl halten, dann würde er eine Rolle über die Leitplanke machen. Wir wussten vorher schon das es kritisch werden könnte, aber solange man weis was man tun muss, ist es kein Problem. Reifen werden definitiv weit oben auf der to-do Liste stehen.
Eine Herausforderung war, das Auto so schnell wie möglich kennen zu lernen. Wenn man mit einem Fahrzeug eine Bindung eingeht sagen einem die Sensoren im Hinterteil ja irgendwann falls etwas nicht passt. Man spürt Radlager, hört ausgeschlagene Gelenke, merkt falschen Reifendruck usw. Diese Erfahrung fehlte zu diesem Fahrzeug natürlich noch. Auch der Zustand, das ich zuvor kein Gefährt dieser Art mein Eigen nennen durfte stellt mich an den Anfang der Erfahrungskette. Was ich gleich gemerkt hatte war, das man für den Borgward die Arschsensoren definitiv neu anlernen musste. Filigrane Vibrationen die auf ein bestimmtes Bauteil schließen lassen - Fehlanzeige. Hier gibt es einen großen, mächtig vibrierenden Verbund aus Metall und Gummi, da kannst am Anfang nichts irgendwo zuordnen. Wie sagt schon eine bekannte Komikerin: wenn man das Problem hört kann man es noch reparieren, wenn man es riecht wird es in der Regel teuer. Aber egal, das mit dem Kennenlernen kommt schon noch.
Wir schippern also so dahin und lassen uns von den Spurrinnen in den Bann ziehen, versuchen mit kleinen aber zahlreichen Lenkbewegungen das Fahrzeug geradeaus zu steuern, schlagen uns den Ellbogen beim Rangieren an der Tür an, verglühen uns die Beine an den Bodenblechen und sonstigen wärmeleitenden Teilen aus dem Motorraum und genießen die Aussicht. Wann immer möglich nutzen wir die Möglichkeit, Aufklärungsarbeit zu leisten und erklären was das für ein Fahrzeug und Hersteller ist.
Zum Glück hatten wir für die Überführungsfahrt einen günstigen Zeitpunkt erwischt. Bei der Anreise hatte die Bahn nur 3h Verspätung da zu wenig Zugpersonal verfügbar war. Das Wetter auf der Fahrt war traumhaft, und die Spritpreise wurden ja glücklicherweise (aber leider nicht merklich) zu unseren Gunsten reduziert. Als kleines Dankeschön haben wir bei jedem Tankvorgang eine Signatur unseres Daseins am Boden hinterlassen. Die automatische Unterbodenkonservierung wird definitiv Punkt zwei der to-do Liste. Hierfür hat mir Peter im Vorfeld gleich einen Haufen Dichtungen bereitgestellt, vielen Dank dafür.
Wir hatten zuversichtlicherweise geplant, etwa ab der Hälfe der Strecke einen Zwischenstopp zu machen. Also ca. 500km am Tag. Sehr mutig, zumal wir das Auto ja nicht wirklich gut kannten. Also zur Ungewissheit gleich noch den Druck das Zwischenziel erreichen zu müssen dazu. Kann man machen, ist ab sch.....einbar nicht zu empfehlen. Tatsächlich sind wir dann auch,mit den weitergegebenen 3h Verspätung, dort angekommen. Da wir bei der Anreise im ICE leider kaum schlaf bekommen hatten weil hier ab 0h, kurz nachdem wir mal einnicken konnten, eine Geburtstagsbolognese durch den Zug stattfand (diese war zumindest genau pünktlich), war der Tag dann doch recht lang geworden. Ich denke wir drei wollten dann langsam mal eine Pause haben und die letzten Kilometer ziehen sich ja bekanntlich immer in die Länge.
Frei nach dem Motto: "Was man dabei hat, braucht man eh nicht" hatte ich versucht, alles mitzunehmen was geht. Meine Werkzeugtasche wog dann zarte 45kg zu dem was man sonst noch dabei hatte. Und diese Tasche galt es diverse Male ein und auszuladen, rumzutragen, anzuschauen,...und glücklicherweise nicht aufmachen zu müssen - eine merkwürdige Einstellung wenn ich so recht drüber nachdenke.
Am nächsten Tag ging es dann früh morgens nach einem tollen Frühstück weiter. Wir wollten uns wieder den nötigen Druck aufbauen und planten bis 14h in München zu sein. Weil ohne Druck fährt auch kein Motor. Also wieder Fastvollgas auf die Autobahn zurück. Zum Glück hatte ich vor Anfahrt zu Hause noch zwei alte russische Panzerhauben gefunden die ich gleich eingepackt hatte. Im Nachhinein muss ich gestehen, das wir ohne die Dinger wohl verbrannt oder taub geworden wären. Wir mussten natürlich ohne Dach fahren, das Wetter war ja ideal dafür, und hatten selbstverständlich keinen chemischen Sonnenschutz dabei. Auch das Anzünden der Zigarillos war für uns Gelegenheitsraucher eine echte Herausforderung. Der einzige Ort dafür ist 5cm hinter der Beifahrertür unter dem Armaturenbrett.
Tatsächlich war es uns möglich, pünktlich und wieder ohne Schwierigkeiten in München anzukommen. Bei all den Autopannen an welchen wir vorbeigefahren waren, ich glaube es waren 14, war ich jedes Mal gespannt ob wir die nächsten sein sollten...schon komisch wenn so ein 65 jähriger an so vielen 4 jährigen Elektronikwundern vorbeipoltert.
und nach 2 weiteren Signaturen war dann tatsächlich der Zeitpunkt gekommen, meinen Mitfahrer an die DB zu überbringen. Wir machten uns einen Spaß daraus, an den Plätzen unserer Jugend, aus den alten guten Zeiten, an die wir uns noch so gut erinnern und welche auf unserem Weg lagen, mit kleinen Hölzchen unser Dasein in herabtropfendem Motoröl zu unterschreiben.
Die letzte Ettape brach an und ich war dann auf mich gestellt. Nun war es deutlich schwieriger, die Zigarillo anzuzünden, den wach haltenden Getränkezusatz in sich reinzuschütten, während man versucht ein Foto zu machen und gleichzeit noch das Auto in die Spurrinne drückt. Nach 1000km wird man dann irgendwie mutiger.
Zu guter Letzt erreiche ich das traute Heim Minuten bevor die Welt zusammenbricht. Sturmböen und extremer Niederschlag heißen mich willkommen. In der Eile wird schnell eine Plane übers Auto geworfen, für mehr bleibt keine Zeit. Nach aller Hektik wird endlich in Ruhe das Abschlussbier geöffnet und dann bleibt auch Zeit, das ganze Revue passieren zu lassen. 1000km auf zwei Etappen, am durchgefahren….Spritverbrauch Autobahn zwischen 17,6 und 18l. Motortemperatur relativ konstant zwischen 76 und 85°C (je nach Fahrbahngefälle). Öldruck konstant bei 3bar. Ölverlust.....geringfügig, Reifentemperatur…sag ich mal nicht.... Alles in allem war es ein geiler Trip und es wird nicht der letzte gewesen sein...die Reise beginnt