Ich kann auch noch drei Romane zur Bundeswehr beitragen, die mir sehr gut gefallen haben, weil sie über weite Strecken meine eigenen Erfahrungen als Stabsoffizier der Feldjägertruppe mit der Organisation Bundeswehr widerspiegeln.
Da wären zuerst zwei Bücher von Eberhard Kapuste. Kapuste war Offizier der Panzertruppe, zuletzt Oberst i.G., von 1980 bis 1982 Chef des Stabes der damaligen 10. Panzerdivision in Sigmaringen und von 1990 bis 1994 Chef des Stabes und stellv. Befehlshaber des Wehrbereichskommandos III in Düsseldorf.
Das Buch mit dem Titel „Der Absprung“ beschreibt die Entwicklung eines Offiziers der Panzertruppe. Eintritt in die Bundeswehr etwa 1959, normale Offizierlaufbahn bis zum Kompaniechef. Dann Stabsoffizierlehrgang, Ausbildung zum Generalstab und Bataillonskommandeur eines Panzerbataillons. Hier wird z.B. der Alltag in der Panzertruppe, der Ärger mit den alten M-47 Panzern, die Gefechtsübungen, aber auch die vom Offizierkorps erwartete Teilnahme am gesellschaftliche Leben in öden Garnisonen geschildert.
Nach dem Bataillonskommandeur kommt die übliche Verwendung im Verteidigungsministerium. Hier schildert der Autor sehr treffend die einer Selbstblockade gleichkommende Arbeit des Ministeriums, die für einen gewesenen Bataillonskommandeur, der mehr oder weniger absoluter Herrscher in seinem Bereich war, einem Abstieg gleichkommt, wenn er den Empfang von zwei Bleistiften und einem Lineal beim Dienstantritt in Bonn quittieren muss. Der dann folgende Einsatz als Chef des Stabes einer Division ist wieder ein Höhepunkt.
Die weitere Verwendung des fiktiven Obersten Bauhardt jedoch stagniert, der von seinen Leistungen zu vermutende weitere Aufstieg mit Beförderung zum General und Übernahme einer Brigade bleibt aus. Am Ende des Romans ist er nach einer weiteren Verwendung im Ministerium immer noch Oberst. ist wiederum Chef des Stabes, wenn jetzt auch gleichzeitig stellv. Befehlshaber bei einem Wehrbereichskommando, muss sich mit Personalrat und dem sich zunehmend als Bundeswehrgewerkschaft verstehenden Bundeswehrverband herumärgern und wird durch immer mehr Regelungen des Dienstbetriebes eingeschränkt. Auch die Erfahrungen mit der Übernahme der NVA werden geschildert.
Sein „Absprung“ kommt schließlich, weil er merkt, dass er mit seiner offenbar nicht mehr zeitgemäßen strengen Dienstauffassung sich selbst und anderen im Weg steht und er deshalb die Möglichkeiten des Personalstrukturgesetzes nutzt, um vorzeitig in Pension zu gehen.
Im zweiten Roman mit dem Titel „Einmarsch in Diepenstadt“ geht es um die Laufbahn eines Infanterieoffiziers. Ab 1953 Ausbildung als Offizier beim BGS, 1956 Übernahme in die Bundeswehr und dort Aufstieg bis zum Divisionskommandeur, am Ende seiner Dienstzeit ist er als Generalmajor Kommandeur eines Wehrbereichskommandos. Auch hier wird sehr eingehend der Dienstbetrieb in der Truppe, den Stäben und den Ämtern geschildert, ich habe auf vielen Seiten mehr oder weniger eigene Erlebnisse und Eindrücke wiedergefunden.
Das dritte Buch ist „Beurteilung für Hauptmann Brencken“ von Reinhard Hauschild.
Hauschild war Offizier der PSV-Truppe, 1969 bis 1974 Kommandeur des Rundfunkbataillons / PSK-Sendebataillons 701und von 1975 bis 1980 Kommandeur der Schule der Bundeswehr für Psychologische Verteidigung in Euskirchen.
Er war u.a, Herausgeber des Jahrbuches der Bundeswehr und des Jahrbuches des Heeres sowie Autor anderer Bücher.
Der im Titel genannte Hauptmann Brencken, ehemals Artillerieoffizier der Wehrmacht, scheitert nach Krieg mit einem Jurastudium. 1956 tritt er als Oberleutnant in die neue Bundeswehr ein.
Auch dort kommt er aber nur mäßig zurecht. findet sich in der neuen Armee mit ihrer »Inneren Führung«, die er nicht wirklich verstehen kann, nicht zurecht. Auch fehlt ihm im entscheidenden Moment die Entschlusskraft, Brencken steht sich selbst im Wege. Nach zweimaligem Versagen im Stabsoffizierlehrgang ist die Aussicht auf eine militärische Karriere dahin, er bleibt Hauptmann und landet auf den Posten des S 4-Offiziers (Logistik/Versorgung) bei einem Artilleriebataillon und beendet seine Laufbahn in ähnlichen Verwendungen beim Territorialheer.
Der Dienstbetrieb der „frühen“ Bundeswehr wird treffend beschrieben. Das Buch schildert die Probleme, die sich in den Anfangsjahren der Streitkräfte mit der Übernahme vieler ehemaliger Wehrmachtsangehörige in die Bundeswehr ergaben. Weil sich in den Wirtschaftswunderzeiten nach 1955 zuwenig Freiwillige als Unteroffiziere und Offiziere meldeten, wurden auch weniger geeignete Bewerber genommen. Gerade bei den Offizieren, die in der Wehrmacht im Schnellverfahren zum Offizier gemacht worden waren, scheiterten viele in der Bundeswehr dann beim Aufstieg in anspruchsvollere Verwendungen, die eine umfassendere Vorbildung erfordert hätten. Dieses Problem trat übrigens nach 1990 bei den aus der NVA übernommenen Offizieren wieder auf, auch hier war die Durchfallquote bei den Stabsoffizierlehrgängen an der Führungsakademie außergewöhnlich hoch.