Wenn das Leben am seidenen Faden hängt, kommt die Rettung oftmals doch noch von oben. Mit knatternden Rotoren schweben die Engel der Technik heran. Vertol, Sycamore oder Sikorsky. Hubschrauber der verschiedenen Typen und Größen. Hubschrauber der Heeresfliegertruppe. Sie können von jeder Wiese starten. Sie fliegen durch enge Gebirgstäler. Sie bleiben in der Luft stehen. Und landen, wenn´s sein muß, auf Hausdächern, LKW-Ladeflächen oder Schiffsaufbauten. Im Foto: Ein schroffer Feldvorsprung, auf dem nicht einmal ein Helikopter landen könnte. Auf dem jedoch ein verletzter Bergsteiger hofft, daß irgendwer ihn hier herausholt. Irgendwer - das ist in diesem Fall eine Sikorsky S 58. Das ist zugleich eine erfahrene Besatzung. Der Pilot läßt die Maschine "hovern", er hält sie auf der Stelle über dem Verletzten in der Luft. Ein Drahtseil mir Trageschlaufe daran spult sich langsam aus der Maschine nach unten. Wenn der Verletzte kann, legt er selbst die Schlaufe um, wenn nicht, und das geschieht oft, muß ein Mitglied der Besatzung mit dem Seil herunter und ihm helfen. Und wenn alles gelang, war es wieder einmal eine Meisterleistung des Piloten. Hubschrauberfliegen ist schon im Normalfall eine trickreiche Sache. Hier wird sie noch schwieriger - wenige Meter über dem Felsen, zwischen engen Steilwänden, bei unberechenbaren Windstößen und mit schwankender, pendelnder Last. Da geht´s nicht nur für den Verletzten um Kopf und Kragen, sondern für alle. Zahllose Rettungsflüge dieser Art beweisen, daß die Piloten der Heeresflieger ein enormes fliegerisches Können besitzen - das Ergebnis einer guten Ausbildung. Und nicht zuletzt ein Erfolg aller Männer des fliegertechnischen Dienstes: Erst ihre Maßarbeit garantiert dem Piloten, daß er sich auf seine Maschine verlassen kann.
Natürlich hat die Bundeswehr die Heeresflieger nicht aufgestellt, um Rettungseinsätze für Bergsteiger zu fliegen. Die Heeresflieger machen das im "Nebenberuf". Doch auch ihr eigentlicher "Job" bringt Aufgaben in großer Vielfalt. Moderne Streitkräfte ohne Heeresflieger? Unvorstellbar. Jede Division und jedes Korps haben eigene Heeresfliegerkräfte. Sie unterstützen die Führung durch Erkundung, Aufklärung, Verbindungsaufnahmen, Meldungen und Befehle übermitteln - alles wichtige Tätigkeiten, die auf keine andere Art so elegant und schnell zu erledigen sind wie vom Hubschrauber aus. Vor allem kann im Unterschied zu den Düsenmaschinen der Luftwaffe im Hubschrauber jedesmal der Führer oder ein Gehilfe selbst mitfliegen. Heeresflieger unterstützen auch die Truppe. Und zwar auf doppelte Weise. Erstens durch Transportflüge. Sie schleppen ganze Grenadierkompanien in wenigen Minuten übers Gefechtsfeld und landen an Stellen, die sie mit ihren Fahrzeugen oft gar nicht erreichen könnten und bei denen sie zu Fuß einen halben Tag bräuchten. Ausgeruht und überraschend können die Grenadiere ins Gefecht gehen. Sie brauchen für solche Einsätze keine Spezialausbildung. In der zweiten Welle fliegen die Hubschrauber das Gerät nach: Jeeps, Geschütze, Mörser, Munition, Funkgeräte und Betriebsstoff. Sie fliegen Verwundete zurück - die schnellste und die schonungsvollste Art des Transportes mit den besten Überlebenschancen. Und zweitens unterstützen die Heeresflieger ihre Kameraden auch durch Kampf - Kampf gegen den gefährlichen Feind der Grenadiere, gegen Panzer, auf die sie mit Lenkraketen vom Typ SS-11 Jagd machen. Dicht überm Boden, über einem Waldrand, knapp über Ortsrändern "hovernd", sind sie vom Panzer aus kaum zu sehen. Sie verschwinden in Sekundenschnelle und erscheinen unerwartet an ganz anderer Stelle. Sie schießen bis auf drei Kilometer Entfernung, und können innerhalb weniger Minuten an einem weit entfernten Abschnitt neu zusammengezogen werden. Führungseinsätze, Transportflüge, Kampf- und Rettungsunternehmen - wenn das klappen soll, dann müssen die Männer in den Maschinen und am Boden etwas können. Sie brauchen eine sorgfältige, lange und teure Ausbildung - sowohl für den Dienst am Steuerknüppel als auch für den Dienst in der Werkstatthalle. Die Heeresflieger nehmen daher nicht jeden. Sie fordern viel. Sie bieten dafür gute Chancen. Und einen immer interessanten Dienstbetrieb.
Bild Paul Freytag