Neulich, auf dem Bürgersteig vor einem berliner Mietshaus.
Mehr oder weniger gut gelaunt sitze ich unter dem Munga und baue das Hinterachs-Differential
aus, weil die Handbremse mal wieder verölt ist, und der Tüv- Mensch das nicht so prickelnd findet.
(Damals, ca. 1980, hat an solchen Reparaturen auf öffentlichem Straßenland niemand Anstoß genommen.) Deshalb wundere ich mich auch, als mich einer von der Seite anquatscht.
Ja, er hätte schon lange gesehen dass ich hier immer an Mungas schraube, und er hätte da mal `ne
Frage. Er, gebürtiger Grieche, besitzt auch zwei Mungas,einen in Berlin,einen in Athen.
Der Wagen in Berlin hätte die bessere Blechsubstanz und solle deshalb auch nach Athen, dort würden dann seine Kumpels einen Golf-Diesel Motor einbauen. Ob ich denn nicht sein Auto
reisefertig machen könnte und noch eine Anhängerkupplung anbauen könnte, denn ein Wohnwagen
müsse auch noch mit nach Athen. (Seine Mutter würde nämlich bei Erdbeben-Alarm lieber im Wohnwagen bleiben als in ihrem athener Hochhaus.)
Als Belohnung dürfte ich mir dann den Zweitakt-Motor in den Athener Munga bauen und mit diesem dann auf Kreta `rumfahren. Die Fährkosten würde er auch noch übernehmen.
Ich bat mir zwei Tage Bedenkzeit aus und bekasperte die Sache mit meinem Mädchen.
Wir waren jung und wir hatten die Zeit, also stürzten wir uns ins Abenteuer.
Ich hatte also 3 Wochen Zeit Costas Munga fit zu machen, würde dann mit ihm zusammen nach
Athen fahren, eine Woche später mein Mädel vom Flughafen abholen, und dann von Piräus rüber
nach Heraklion.
Costas Munga sah vom Nahen natürlich schlimmer aus als erwartet, aber nach 1 x Bremsen
komplett, alle Öle, zwei Löcher schweißen, kühlerlöten, Schläuche austauschen, abschmieren
(erstmalig seit seiner Bundeswehr-Zeit), Anhängerkupplung anbauen und etwas Elektrikkram
war er wieder fit, der kleine Stinker. War er wirklich schon reisefertig oder hatte er noch einen
Defekt in der Hinterhand?
Wir erfuhren es schon am ersten Tag auf der Ost – Autobahn ! Die Kupplung, welche bei den
kurzen Probefahrten in der Stadt kein negatives Zeichen gegeben hatte, war der Belastung mit
vollem Reisegepäck , dem vollen Wohnwagen und den Bergen vor Hof nicht gewachsen.
Also rechts `raus zum Kupplungswechsel. Ersatzteile habe ich dabei, der Motor ist schnell `raus-
gezerrt und wieder `reingesteckt. Während der Aktion ist es auch langsam hell geworden, nur die Temperatur will nicht über 5 ° C steigen. Als ich kurz vor dem Ende der Aktion bin, kommen
die freundlichen Organe der Autobahnpolizei vorbei und lassen sich unser Handeln erklären.
Sie scheinen nicht so glücklich, lassen uns aber weitermachen (was hätten sie auch für Alternativen
gehabt? ) vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass Costa zwei linke Hände und alles nur Daumen hat, er ist Psychiater!
Nach dieser ausgiebigen „Pause“ geht es zügig weiter nach Jugoslavien. Auf dem Autoput
werden wir mit unserem langsamen Gespann (max. 80 ) zum Haß-Objekt der LKW-Fahrer. Jeder LKW der überholt, drückt mit seiner Druckwelle erstmal den Wohnwagen
beiseite der wiederum den kurzen Munga lustig tanzen lässt. Die Straße ist nur zwei-
spurig, aber auch nur 1000 Km lang. Als wir an einer Tankstelle im Stau stehen, denkt
sich Munga eine neue Lustigkeit aus: Er fängt plötzlich an ununterbrochen zu hupen, so das wir in Panik von der Tankstelle fliehen. Auf einem Feldweg stellt sich dann `raus,
das nur das Kabel vom Hupenknopf abgefallen war und an Masse der Lenksäule anlag.
Irgendwann ist die griechische Grenze erreicht, ab hier werden die Straßen noch schlechter. Wenn ich mit dem Munga den Schlaglöchern ausweiche, haut der Wohnwagen genau hinein. Aus diesem Grunde möchte er seine Möbel auch nicht mehr
an der Wand behalten und verteilt sie in der Gangmitte. Aber ankommen ist wichtig.
Ich hatte in Berlin die Lehne vom Beifahrersitz abgesägt und Steckbar gemacht.
So kann sich immer einer lang machen und eine Mütze voll Schlaf nehmen während der
Andere weiterrast. So schaffen wir es nach 3 Tagen und 2 Nächten mit dem Gespann in
Athen aufzuschlagen.
Erstmal steht mir der Sinn nur nach Augenpflege was ich dann auch 12 Stunden lang tue.
Als ich wieder unter den Lebenden bin, begutachte ich erstmal den 2. Munga, welcher hier schon monatelang auf einem öffentlichen Parkplatz `rumsteht. Ohne Motor und Nummernschild wäre er bei uns schon lange abgeschleppt oder von jugendlichen
Gewalttätern restlos zerstört worden. Er sieht natürlich viel schlimmer aus als in Costas
Beschreibung, und einige Teile fehlen auch schon, aber zetern nützt ja nichts.
Ich habe also 3 Tage Zeit um dieser Rostkuh Leben einzuhauchen und dann damit meine
Freundin vom Flughafen abzuholen.
Der Motor ist schnell gewechselt, aber hundert andere Kleinigkeiten halten mich im Stress.
Ringsum die Radbremszylinder gängig zu machen hält am meisten auf, Tank ausbauen und reinigen ist schnell gemacht. So vergeht die Zeit und plötzlich ist Stunde X da!
Rasch räume ich das Werkzeug zusammen und fahre zum Flughafen.
Das erste was ich von meinem Mädel höre, ist: Du bist ja ganz schmutzig! Tschuldigung.
Am nächsten Tag, frisch geduscht, fallen wir in die Läden ein und kaufen all die Dinge von
denen wir glauben das es sie auf Kreta nicht gibt, dann wird das Fährtiket besorgt und dann endlich, auf der Fähre, beginnt der Urlaub.
Wir haben jetzt 5 Wochen Zeit die Insel zu erkunden. Ohne Zeitdruck suchen wir uns also die kleinsten Wege, mal an der Küste, mal im verschneiten Gebirge, wir kommen durch Orte die auf keiner Karte verzeichnet sind und sind mehr als einmal froh über Mungas
Geländegängigkeit.
Und, womit ich eigentlich überhaupt nicht gerechnet hätte, dieser verranzte Munga, der in Deutschland nicht den Hauch einer Chance auf eine Tüv-Plakette hätte, brachte uns
zuverlässig und pannenfrei rund um die Insel. Fuck for Tüv !
So tat es mir fast ein bißchen Leid um unseren Reisekumpel,als wir ihn, zurück in Athen,
auf Costas geheiß , einfach in einer bestimmten Straße abstellen sollten.
Meine Nummernschilder nahm ich natürlich wieder mit, und so stand er dann am Straßenrand wie unzählige andere Wracks in dieser Stadt.
Ich weiß auch nicht was aus ihm geworden ist, der Kontakt zu Costa brach dann auch ab.
Aber die Erinnerung an 5 schöne Wochen auf Kreta und einen zuverlässigen Munga bleibt
im Kopf.
Gruß Jozi.
Auf Peters Wunsch habe ich jetzt mal diesen Beitrag hier instantgesetzt.
Wenn ich mir die Fotos so ansehe und nachdenke, wir waren damals mit 5 Wochen lang mit weniger Gepäck unterwegs, als man heute zu einem 5-tägigen Treffen mitnimmt.
Gruß Jozi.