alter BW- Film über Feldjägereinsatz

  • Hallo,

    das dürfte dann wohl dieser Film sein:

    https://www.youtube.com/watch?v=SIaUIeKLm-M


    Das war einer der ganz wenigen „modernen“ Lehrfilme, die es für die Feldjägertruppe gab. Er wurde 1984/85 zur Zeit der Demonstrationen gegen den NATO-Doppelbeschluss gedreht, als solche unfriedliche Aktionen von „Friedensfreunden“ an der Tagesordnung waren.


    Der Film war allerdings bei uns als Praktikern, die häufig mit solchen Einsätzen konfrontiert waren, nicht unumstritten. Zum einen zeigte er sehr gut die ganz wichtigen Rechtsgrundlagen auf und machte auch deutlich, mit welcher Unsicherheit und welcher psychischen Belastung man in solche Einsätze geht. Zum anderen war aber das gemäß Drehbuch vorgesehene Verhalten der Darsteller nicht zweckmäßig. Man diskutiert nicht mehr mit gewaltbereiten Demonstranten und man gibt diesen im Gespräch auch keinesfalls verwertbare Informationen, wie es im Teil 2 bei der Bahnentladung geschieht („Der Zug kommt in einer Viertelstunde“). Auch das demonstrative Zeigen von Sicherungskräften, wie es beim Teil 1 mit der Feldjägerstreife am Kasernentor geschieht, wurde von den meisten Praktikern nicht als gut befunden, weil es meist provokant wirkt. Besser ist es fast immer, aus einer verdeckten Aufstellung heraus zu beobachten. Dagegen kann es in manchen Situationen sinnvoll sein, starke Reserven zu zeigen, weil das abschrecken kann. Insgesamt wird in dem Film die damals doch noch herrschende Unsicherheit im Umgang mit gewaltbereiten Demonstranten deutlich.


    Der Film wurde federführend von der Schule für Feldjäger/Stabsdienst in Sonthofen gedreht, das handelnde Personal kam von der Schule, von der 6./Feldjägerbataillon 760 aus Veitshöchheim, vom Stab Feldjägerbataillon 760 in München und von der 4./Feldjägerbataillon 750 aus Ulm.


    Der dargestellte FJg-Bataillonskommandeur war der damalige Kommandeur FJgBtl 760 in München, Oberstleutnant König. Der angebliche PSV-Stabsoffizier war der Lehroffizier für angewandte Psychologie im Feldjäger an der Feldjägerschule, ein OTL der FJgTruppe. Der „Vertreter des Innenministeriums“ bei der Besprechung am Beginn von Teil 2 war im echten Leben der Lehr-Stabsoffizier Verkehrsdienst und Verkehrsrecht von der Feldjägerschule, Oberstleutnant Maubach – übrigens einer der fähigsten Ausbilder, die ich je kennengelernt habe.


    Die Demonstration vor dem Kasernentor im Teil 1 wurde an der Hauptzufahrt der GOB-Kaserne in Sonthofen gedreht, die Demonstranten wurden vom Lehrpersonal der Schule und den Zivilangestellten (vor allen den weiblichen ) gestellt. Der Bananenschalenwerfer war der Ausbildungsfeldwebel Waffenloser Kampf, deswegen in den Kommentaren zum Film auch die Anspielung auf den „Turm“, weil im obersten Stockwerk des Turmes der GOB-Kaserne der Ausbildungsraum für Waffenlosen Kampf war.


    Das Eindringen in die Kaserne wurde in der Kaserne des ABCABwLehrbataillons in Sonthofen gedreht, daher sieht man auch die Spürpanzer Fuchs im Hintergrund.


    Die agierenden Feldjäger im Teil 1 kamen von der 6./FJGBtl 760 aus Veitshöchheim, das war die Mannschaft, die ich einige Monate später als Einsatzoffizier übernahm. Da die Feldjägertruppe seit 1980 keine Lehrtruppe mehr hatte, mussten für solche Aktionen Feldjägerkräfte der aktiven Feldjägerbataillone herangezogen werden.


    Gut gezeigt wurde in dieser Sentenz auch der Einsatz von „Soldaten im Feldjägerdienst“. Dabei wurden die Soldaten – ähnlich wie bei der Wache – förmlich in den Feldjägerdienst versetzt und erhielten in weiten Bereichen die gleichen Befugnisse wie ein Feldjäger. Sie wurden allerdings nur unter Führung von Feldjäger eingesetzt.


    Das Anschlagen von Feuerwehrschläuchen an ortsfeste Hydranten als eine Art Behelfswasserwerfer in eine sehr zweischneidige Geschichte. Im Gegensatz zum richtigen Wasserwerfer auf LKW-Fahrgestell kann nämlich der Hydrant beim Eindringen von Demonstranten nicht ausweichen und es besteht die Gefahr, dass dann die Feuerwehrschläuche gegen die Sicherheitskräfte eingesetzt werden. Man musste eigentlich den Kasernenkommandanten immer von solchen Aktionen abraten. Manche Kasernenkommandanten kamen damals auch auf andere abenteuerliche Ideen. So wollte der Kommandeur eines Panzerbataillons bei einer Blockade einmal seine Bergepanzer mit abgesenktem Räumschild zum Freimachen der Kaserneneinfahrt verwenden, zum Schutz der Demonstranten sollten einige Schaumstoffmatratzen am Räumschild befestigt werden. Auch wollte er seinen Bereitschaftszug als Eingreifreserve mit dem Klappspaten als Hiebwaffe ausrüsten. Wir hatten Mühe, im beides auszureden, erst der Rechtsberater konnte ihm klarmachen, dass der Klappspaten im Frieden keine dienstlich zugelassene Hiebwaffe nach dem UZwGBw ist.



    Der Teil 2 ist an einem Bahnhof im Raum Ulm lokalisiert, die eingesetzten Feldjäger kommen von der damaligen 4./Feldjägerbataillon 750 aus Ulm. Der hier gezeigte Schutzschildeinsatz war erst kurz vorher als Thema in die Ausbildung aufgenommen worden, da vorher keine Schilder verfügbar waren. Gerade das Bilden der „Schildkröte“ als Schutz gegen Wurfgeschosse und die Formveränderungen, also das Bilden der Postenkette oder des Keils zum Abdrängen mussten drillmäßig geübt werden, wie bei der Formalausbildung, sonst klappte das nicht. Ich kann aus eigener Erfahrung nur sagen, dass es ein saublödes Gefühl ist, wenn man hinter dem Schild steht und es kommt irgendetwas geflogen und man weiß nicht, ob es ein Stein, ein Brandsatz oder doch nur eine faule Tomate ist.


    Um Diskussionen mit Demonstranten oder allgemein Bundeswehrgegnern besser führen zu können, wurde ca. 1983 ein Lehrgang „Argumentation und Diskussion für Feldjägeroffiziere“ an der PSV-Schule in Euskirchen eingeführt. Hier wurde z.B. auch das Gestalten von Lautsprecheraufrufen (AIDA-Formel usw.) ausführlich geübt. Jede Feldjägerkompanie hatte eine Lautsprecheranlage zum ortsfesten Einsatz bzw. zur Fahrzeug- oder Hubschraubermontage, jeder Feldjägerzug dazu noch zwei Handmegaphone.



    Der Teil 3 spielt im Einsatzraum der 6./FJgBtl 760. Wir waren von Veitshöchheim aus auch zuständig für das nördliche Baden-Württemberg bis zum Neckar. Dazu gehörte auch der Luftwaffenstandort Mosbach mit dem Luftwaffenversorgungsregiment 4 und seiner Untertageanlage in Neckarzimmern. Es gab in den 1980er Jahren tatsächlich mehrfach Angriffe auf Transporte dieser Luftwaffen-Transportkräfte, weil irgendeiner das Gerücht aufgebracht hatte, im Untertagedepot in Neckarzimmern würden Atomwaffen lagern, was natürlich völliger Blödsinn war.


    Dieser Abschnitt des Film zeigt wieder recht gut die eigentlich nie behobenen Personal- und Materialprobleme der damaligen Feldjägertruppe. Als Zivilfahrzeug für die Voraufklärung hatte man einen kleinen Opel, der natürlich keinen Funk hatte. Man konnte allenfalls das SEM 35 mitnehmen, dessen Reichweite aber in der recht durchschnittenen Gegend um Mosbach (Ausläufer des Odenwaldes) sehr bescheiden war. Handy war damals noch nicht einmal als Begriff bekannt. Rechtliche Grundlagen zur Kontrolle des Traktorfahrers hätte man sowieso keine gehabt.


    Auch der Transport der Feldjäger auf dem 2 to mit dem umständlichen Absitzen über die Ladeklappe resultierte aus den fehlenden geeigneten Fahrzeugen. Es gab nur einen VW-Bus in der Kompanie (KpFw), also musste auf die LKW der Zugtrupps zurück gegriffen werden.


    Die eingesetzten Fußstreifen haben in allen drei Teilen des Filmes das FuG 13, ein kaum brauchbares Funkgerät, das zudem mit den SEM-Geräten keine Verbindung halten konnte. Die SEM 52 hatten wir 1980 abgegeben, die SEM 52 S kamen erst 1985.


    Weiter erkennt man hier die immer zu geringe Einsatzstärke, also den Personalmangel, der Feldjäger. Durch den hohen Kaderungsgrad der Kompanien und den ständigen Schichtdienst konnte man aus dem Stand nur unter Schwierigkeiten zehn oder zwölf Feldjäger für solche Sonderaufträge zusammenkratzen und da waren oft genug Soldaten aus dem Insttrupp oder Kompanieführung als „Soldaten im Feldjägerdienst“ dabei. Auf die Schnelle eine „Hundertschaft“ zu stellen, wie es der Polizei möglich ist, war nicht möglich.


    Sehr gut ist in diesem letzten Teil die rechtliche Begründung des Schußwaffeneinsatzes und der Fesselung dargestellt. Da es damals noch kein Pfefferspray / RSG bei der Bundeswehr gab, war man relativ schnell beim Schußwaffeneinsatz und sei es nur als Warnschuß.

    Grüße
    Jörg

  • Moinsen,


    Sehr gut ist in diesem letzten Teil die rechtliche Begründung des Schußwaffeneinsatzes und der Fesselung dargestellt. Da es damals noch kein Pfefferspray / RSG bei der Bundeswehr gab, war man relativ schnell beim Schußwaffeneinsatz und sei es nur als Warnschuß.

    Wie das wohl heutzutage ankäme...und dann noch bei der aktuellen Besetzung von "Justizia":pinch:C::deck:???


    Gruss Pit

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