DEZEMBER 1972 (17.-23.)
Fallschirmjäger beim Reihensprung in der Dämmerung
ZitatAlles anzeigenÜberraschung ist oft der Schlüssel zu Erfolg. Geschwindigkeit ist meistens die Grundlage der Überraschung. Wenn es sich hierum handelt, schnell und an unvermuteter Stelle einzugreifen, dann sind Fallschirmjäger durch keine andere Soldaten zu übertreffen. Ihre Transportflugzeuge überwinden große Strecken in sehr kurzer Zeit. Ihre Fallschirme erlauben das Springen auch dort, wo es selbst für Hubschrauber kaum Landemöglichkeiten gibt.
Oft führen die Aufträge den Fallschirmjäger in den Rücken des Gegners. Ihr Ziel kann darin bestehen, einen Gefechtsstand auszuschalten oder eine Brücke zu sprengen. Manchmal geht es umgekehrt darum, eine Brücke vor den Spitzen des Gegners zu besetzen und für die eigene Truppe offenzuhalten oder einem ausweichenden Feind den Rückzug abzuschneiden. Fast immer also kämpfen die Fallschirmjäger für einige Zeit auf sich alleine gestellt. Wo es möglich ist, wirft man daher auch schwere Waffen, zum Beispiel Mörser und Munition, aber auch leichte Fahrzeuge am Fallschirm ab, um die Feuerkraft und die Beweglichkeit der Jäger zu stärken.
Zur Überraschung des Gegners trägt es natürlich bei, wenn der Absprung unbemerkt geschieht. Zwar ist das Anfluggeräusch der Truppenmaschinen weithin hörbar und man kann ihren Flugweg mit "Radar" verfolgen. Aber ob wirklich ein Absprung erfolgt, wo er stattfindet und in welcher Stärke - das ist eine ganz andere Frage. Dann nämlich, wenn die Fallschirmjäger nicht am hellen Mittag, sondern im Nebel, bei Nacht oder in der Dämmerung springen.
Unser Bild zeigt, wie ein Sprung in der Dämmerung aussieht. Das ist eine Sache für Männer mit Mut, Kondition und Körperbeherrschung. Eine intensive Ausbildung bereitet sie auf diese Sprünge vor. Denn natürlich kommt es zunächst darauf an, daß jeder einzelne Soldat heil den Boden erreicht. Jedoch ist damit nur ein Teil der Aufgabe gelöst. Der eigentlich Kampfauftrag beginnt ja erst jetzt. Damit er unten mit brauchbaren Voraussetzungen startet, muß die Truppe so dicht wie möglich beieinander landen und sich aufs schnellste sammeln, sichern und orientieren. Sie muß die zusätzlich abgeworfene Ausrüstung bergen und freimachen. Sie muß die Spuren der Landung - zu Beispiel die Schirme - verschwinden lassen. Und weil trotz aller Gründlichkeit bei der Vorbereitung dieser Einsätze die wirklche Lage nach der Landung immer anders aussieht als man sich das vorher gedacht hat, brauchen diese Soldaten mehr als harte Muskeln und Draufgängertum: zum Erfolg gehört ebenso ein heller Verstand, die Fähigkeit zum raschen erfassen der Situation, ein Schuß Jagdinstinkt und eine Menge Einfallsreichtum.
Also doch mehr als nur Geschwindigkeit.
Bild Edgar Poelchau