Das Hydrair-Bremsgerät - Funktion, (De-)Montage, Reparatur und Test

  • 6. Test


    Nun da alles neu ist, sollte man ja meinen können, dass auch alles funktioniert.

    Da aber doch einige ‚neue Lösungen‘ verbaut und auch einige Reparaturen vorgenommen wurden, ist eine fehlerfreie Funktion nicht so ganz selbstverständlich.

    Zudem ist die Fehlersuche am Fahrzeug immer unangenehmer als auf der Werkbank bzw. es wird durchaus auch noch ein Weilchen dauern, bis der betroffene Borgward mal fährt und die Bremse ihre Funktion zeigen kann.

    Daher kommt das Hydrair auf den Prüfstand.

    Doch zunächst etwas Druckluftzubehör beschafft.


    Und damit ein paar Anschlüsse für das Hydrair gebastelt.


    Ferner den Hauptbremszylinder-Prüfstand zur Druckerzeugung genutzt und schon hat man alles was man braucht. Prüfstand (HBZ), Prüfling (Hydrair) und Messtechnik (2 x Drucluft- und 2 x Hydraulikmanometer).


    Und um die Messreihen besser dokumentieren zu können, holt man sich am besten alle 4 Messgrößen auf einen Bildschirm.

    V.l.n.r:

    - Versorgungs-Luftdruck 7,3 bar,

    - Druck für Anhängerbremsventil 5,3 bar

    - hydraulischer Ausgangsdruck 85 bar

    - hydraulischer Vordruck 30 bar


    Der Versorgungsdruck konnte leider nicht ganz konstant gehalten werden, da der Druckminderer am Kompressor sich nicht vernünftig einstellen ließ. Dennoch sieht man gut die Verstärkung bis zu dem Bereich, wo das Hydrair ‚an den Anschlag‘ geht. Danach steigt der Ausgangsdruck dann nur noch proportional und der Druck zum Anhängerbremsventil bleibt konstant.


    Und aus den vielen Fotos können dann wunderbare Kennlinien gebastelt werden.


    Mit 4,5 bar Versorgungsdruck


    Mit 6 bar Versorgungsdruck


    Mit 8 bar Versorgungsdruck


    Und derart geprüft, kann das Hydrair guten Gewissens eingebaut werden.


    Allerdings vor dem Anschluss noch mal die Druckluftleitungen und den Kessel spülen, sonst hat man gleich wieder den Schmadder im Hydrair.


    In absehbarer Zeit steht noch die Reparatur eines weiteren Hydrair an, hier zeigt sich bei der Demontage schon, dass es neue Herausforderungen zu meistern gilt. Doch dazu demnächst mehr…


    Gruß


    Peter

  • Aktuell habe ich gerade ein GROSSES Hydrair in den Fingern. Das kommt zumindest im Borgward B 555 A/D vor, wie er bei BGS und THW lief. Ich vermute mal, dass die Magirus Merkur, den dann den B 555 bei THW ersetzten, auch so ein Teil haben.


    Es ist ein GL 558:




    Wesentliches Merkmal ist der Pneumatik-Zylinder mit 125 mm Durchmesser. Der Verstärker-Zylinder ist mit 26,99 mm identisch zu dem oben beschriebenen Hydrair.


    Der Verstärker-Zylinder ist schnell abgeschraubt.


    Nach dem herausschlagen des Spannstiftes, läßt sich der Hydraulik-Kolben abnehmen.


    Nach dem Lösen der Schrauben vom Deckel zum Zylinder, ist Vorsicht angesagt. Die Papierdichtung ist verbacken und wenn sie sich löst, drückt die Kegelfeder beides vehement auseinander (was schon mal zu fliegenden Teilen in der Werkstatt führt) :deck:.


    Zum Vorschein kommt der Pneumatik-Kolben, der nach Jahrzehnten Nichtgebrauchs ebenfalls bombenfest sitz.


    Vorsichtige Versuche, mit der großen Rohrzange den Kolben irgendwie zu bewegen, scheitern.

    Auch viel WD40 von vorne und hinten ändert die Lage auch nach Tagen nicht.


    Daher nun die Idee, den Kolben hydraulisch heraus zu drücken. Dazu wird der Raum vom Anschluß zum Anhängerbremsventil mit Öl gefüllt und eine M 22 x 1,5er Verschluß-Schraube mittels Schmiernippel versehen, um mit der Fettpresse den entsprechenden Druck zu applizieren.


    Einziger Schönheitsfehler: Der Steuerkolben klemmt irgendwie so halb dazwischen, so dass das Entlüftungsventil offen ist und das eingefüllte Öl vorne wieder raus läuft.

    Also brauchen wir einen anderen Plan um den Kolben zu ziehen.

    Zum Glück läßt sich der Mutter für das Druckrohr leicht lösen – da ich mit dem Stiftschlüssel da unten nicht rankomme, hilft vorsichtiges Schlagen mit einem Messingbolzen.


    ...geht gleich weiter...

  • Anstelle der Druckrohr, wird eine M12er-Schraube mit großer Scheibe eingeschraubt.


    So kann der Kolben Stück für Stück nach oben geschraubt werden…


    …bis er dann ganz oben ist.


    Viel Gammel und noch das Öl vom gescheiterten ersten Versuch.


    Der Zylinder wird gereinigt, leichter Rostansatz auf der Innenseite mit 1000er-Naßpapier entfernt und grundiert.


    Nach Lösen des Sicherungsring…


    …läßt sich der Ventilsitz entnehmen und offenbart auch viel Gammel.


    Der Steuerkolben steckt auch reichlich fest und wir wechselseitig mit einer Schraube vor- und zurückgedrückt.


    Auch wenn er dann gefühlt leichtgängig bewegt, so weigert es sich immer noch sich per Zange herausziehen zu lassen.

    Mittels Dorn läßt er sich vorsichtig durch die Entlüftungsbohrungen herausschlagen.



    Nicht vergessen den Kerbstift für den Ventilsitz zurückzuschlagen…


    …damit der Steuerkolben dann rausgeholt werden kann.


    ...geht gleich weiter...

  • Der Nutring im Steuerkolben ist abgängig.


    Nach dem herausziehen der Kerbstiften läßt sich der Nutring dann entfernen und der Steuerkolben kann von Schmutz und Anhaftungen gereinigt werden.


    Der Versuch, die Verschluß-Schraube am Ventilsitz zu lösen um die Ventilkegel zu kontrollieren, scheitert. Leider bricht eine Ecke aus dem Rand des Ventilsitz raus.


    Der hier sichtbare Entlüftungs-Ventilkegel sieht noch gut aus. In der Annahme, dass er Belüftungs-Ventilkegel ebenfalls noch in Ordnung ist – was ich nochmal mit einer ‚Munddruckprobe‘ getestet habe, besteht erst mal keine Notwendigkeit weiter zu versuchen, die Verschlussschraube zu lösen. Die fehlenden Ecke ist ärgerlich ;(, hat aber auf die Funktion keinen Einfluss.

    Dennoch ist ein Messingventilsitz beim Dreher des Vertrauens angefragt (wir erinnern uns an das Drama mit dem zerbröselten Röhrchen oben).


    So viel für heute – jetzt müssen erst mal wieder Ergebnisse (und Fotos) produziert werden.


    Gruß


    Peter

  • Peter

    Die Schraube locker ich immer mit eingebauten Ventil.

    Mit einer Wapu gegen verdrehen sichern,dann gehts ohne schaden.

    Wir können auch gerne mal funken, hab schon sehr viele von den Dingern gemacht....

    Fettige Grüße Frank


    Wer Borgward fährt, fährt nie verkehrt, da Borgward einfach prima fährt!

  • Mit einer Wapu gegen verdrehen sichern,dann gehts ohne schaden.

    Bei einem der letzten Versuche hat's das komplette Gewinde aus dem Alu gerissen ;(
    Alu und Stahl und viel Zeit und Schmodder ist keine gute Kombi hmmm
    Aber schon die passenden Helicoils besorgt.

    Gruß


    Peter

    P.S. bin noch auf der Suche nach bremsflüssigkeitsbeständigen (also kein NBR sondern eher EPDM) Manschette für die Hydraulikzylinder und die hydraulikseitige Stangendichtung - hast Du Ideen ?

  • Ja, manche sind grob verwatzt...

    Ich hab so ca 30 Teileträger wo man kombinieren kann.

    In München gibt es jemand der die Gummis nach maß dreht...

    Ist aber nicht ganz billig..

    Ist schon ne weile her das ich bedarf hatte...

    Fettige Grüße Frank


    Wer Borgward fährt, fährt nie verkehrt, da Borgward einfach prima fährt!

  • Ich schmiere auch die luftseitigen Teile erst mit BZ Montagepaste ein bevor ich mit tch. Vaseline schmiere,

    ist guter Schutz weil mit der Zeit immer etwas Dot durchkommt bei den Dingern...

    Vergess nicht das Bodenventil vorne im Zyl zu tauschen..

    Hast du schon so Hohlstangen überarbeitet?

    Gibts da ev ne Hülse?

    Fettige Grüße Frank


    Wer Borgward fährt, fährt nie verkehrt, da Borgward einfach prima fährt!

  • Hast du schon so Hohlstangen überarbeitet?

    Das Thema steht an. Ich hoffe, dass mir jemand die (angegammelte) Stange neu verchromen kann - ich lasse es hier wissen, wenn das geklappt hat.

    Ich schmiere auch die luftseitigen Teile erst mit BZ Montagepaste ein bevor ich mit tch. Vaseline schmiere,

    Laut Grau-Bremse soll man da mit mineralischem Fett arbeiten - die Luftdichtungen sind aus NBR was zwar Öle/Fette verträgt aber keine Bremsflüssigkeit auf Glykolbasis. Daher habe ich 'hinten' alles leicht gefettet.

    In München gibt es jemand der die Gummis nach maß dreht...

    Gerne die Daten hier oder per PN.

    Vielen Dank und Gruß


    Peter

  • So, nach ein paar Tagen Leerlauf, geht es weiter.


    Leider funktionierte der o.g. Trick zum Rausschlagen der Kerbstifte, die die große Manschette halten, nicht.

    Also werden die Kerbstifte direkt an der Manschette abgesägt.


    Damit kann die Manschette rausgehebelt werden:


    Auch diese Manschette ist abgängig.


    Ersatz gibt es hier:


    Und da ich nun erst mal auf die weiteren Dichtungen warte, habe ich in der Zwischenzeit mal wieder gezeichnet:

    Ich werde mal kristian b bitte, ob er vielleicht auch das DXF-File hier anhängen kann, falls sich jemand bemüßigt fühlt, was aus dem vollen zu drehen.

    Gruß


    Peter

  • In der Zwischenzeit passierte folgendes:

    Mit viel Kraft wurde die neue Nutringdichtung aus PU in die Nut des Kolbens gehebelt.


    Passt !

    ...will sich aber aufgrund der Steifigkeit der Dichtlippe nicht in den Zylinder einführen lassen :no:


    Also basteln wir aus einen Blechstreifen und einer Bandschelle ein Kolbenringspannband...


    ... und - schwups - ist der Kolben im Zylinder.


    Aber er sitzt so stramm, dass die große Kegelfeder ihn nicht bewegt :(
    Die PU-Dichtungen sind also doch eher für Hydrauliksysteme, wo mit einigen hundert Bar gedrückt wird, für Pneumatikzylinder sind sie eindeutig zu stramm.
    Um den Kolben wieder herauszubekommen muß der Trick von oben angewandt werden.



    Also gilt es nun einen Nutring 100 x 125 x 13 aus NBR zu finden.
    Tipps werden gerne genommen.


    Gruß


    Peter

  • Nimmst du auch Auftragsarbeiten, bevorzugt für die Wintersaison an?

    Genau das ist ja gerade das Auftrags-Hydrair von Tommog.
    Da Du ja das 'kleine' Hydrair hast, ist da der Erfahrungsschatz schon etwas größer. Ferner ist mein Dreher dabei ein paar Teile 'auf Vorrat' zu machen (Steuerkolben, Ventilsitz, Kolbenstange), d.h. im Ernstfall kann ich dann schneller in die 'Kiste' greifen. Und für die noch nicht gefundenen Dichtungen findet sich dann vielleicht auch was.
    Aber lass uns zu beginn der Wintersaison noch mal plaudern.


    Gruß


    Peter

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