Es ist doch immer das gleiche...

  • …wenn man mit einem Borgward B 2000 auf einem Treffen ist, dauert es nicht lange, und irgendjemand quatscht einen an : Ich weiß, wo so einer noch steht…..
    Diese sich dann entwickelnden Gespräche waren dann sehr oft der Beginn einer neuen Fahrzeugepisode.
    Und auch in diesem Jahr, auf dem Borgward-LKW-Treffen in Frankfurt, kam, ich war gerade dabei meinen Borgi abfahrfertig zu machen, ein Mann auf mich zu und sprach mich an.
    Er hätte auch noch so einen Borgward, den hätte er vor zwanzig Jahren in die Scheune gefahren, und da steht er seitdem.
    Wir outeten uns beide schnell als Borgward-Fans und waren so auch schnell beim „Du“.
    Meine Frage war jetzt natürlich: Und was soll jetzt mit dem Wagen passieren ? Erzähl mal `n bisschen von dem Auto.
    Und das hörte sich dann so an : Der Wagen ist in einem Super Zustand, kein Rost, nur der Scheibenrahmen ist hinüber. Aber nun bin ich in ein Alter gekommen, in dem es angesagt ist, seinen Hof aufzuräumen.
    Aber er würde schon wollen, dass der Wagen in gute Hände kommt…
    In mir fochten jetzt die beiden Zwerge einen Kampf aus: Zwerg Vernunft argumentierte: Hör weg, du hast genug Autos und genug unfertige Projekte !
    Der Retter-Zwerg argumentierte: Wenn der Wagen wirklich so gut ist, wie der alte Mann sagt, dann kauf ihn doch, da ist doch dann nicht viel Arbeit dran, und der Preis ist auch fair.
    Dann kam wieder der andere Zwerg: Du weißt aber, dass die Leute ihre Autos immer besser beschreiben als sie in Wirklichkeit sind.
    Retter-Zwerg: Na und, alle Handgriffe die nötig sind, sind dir bekannt und zigmal geübt.
    Vernunft-Zwerg: Und holen musst die ihn ja auch erst noch, und Frankfurt liegt jetzt nicht gleich neben Berlin.
    Und plötzlich meldete sich noch ein innerer Zwerg, der Gutmenschen-Zwerg.
    Mir fiel nämlich ein, dass Mario einen B 2000 suchte. Mario war aber am Vortag schon abgereist, sonst hätte ich nur den Einen zum Anderen geschickt und hätte mich schön aus der Sache raushalten können. So tauschten wir nur die Telefonnummern aus, und ich versprach, Mario oder ich, einer von uns würde den Wagen schon kaufen, er bräuchte ihn also nicht weiter anbieten. Mit Handschlag besiegelt !
    Am nächsten Tag, nach problemloser Rückreise, benachrichtigte ich Mario von dem Ereignis, aber der war, wie sich rausstellte, schon an einem anderen Borgi in Österreich dran.
    Mario bot sich aber netterweise an, trotzdem ins Niddatal zu fahren und Fotos für mich zu machen.
    Der Standort des Wagens war für gute Fotos denkbar ungünstig, aber die Fotos, die Mario schickte, sagten schon etwas über den Wagen aus.
    Ich trat den Zwergen in den Arsch, und rief den Verkäufer an.
    Da es ihm mit der Abholung nicht eilte, machten wir als Termin dafür das erste September-Wochenende aus. Da wäre ich sowieso an der Mosel, weil ich ja zum Willys-Treffen wollte, und dann könnte ich ja auch einen kleinen Umweg fahren.
    Wie immer verging der Sommer viel zu schnell, und eh` ich mich versah, musste ich einen Plan machen.
    Mein Borgi durfte 3,8 Tonnen ziehen (eigentlich seit der Ablastung ja nur noch 3,5 to, weil mit Auflaufbremse nicht mehr gezogen werden darf als das zulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs.)
    Aber mein Hänger ist nur ein 2 to. Hänger. Also einen mieten.
    Wenn ich den Hänger hier in Berlin miete, zahle ich 80,- Euronen am Tag, und brauche das Ding 5 Tage . Die ganze Zeit und die ganze Strecke zur Mosel hin hätte ich dann das Ding am Haken, was die Fahrfreude etwas eintrüben würde. Wenn sich das Auto dann doch als schlecht erweisen sollte, hätte ich die ganze Zeit umsonst einen Hänger mitgeschleppt. Also, nicht richtig umsonst, hätte ja dann 400,- gekostet.
    Ein Blick ins Netz verrät mir, das in Nidda auch jemand sitzt, der einen 3,5 Tonner vermietet. Und das für nur 50,- Euro am Tag. Und den bräuchte ich ja nur 3 Tage. Doof wäre nur, dass ich den Hänger dann auch zurück bringen musste. Bei zweimal 530 Kilometern wären das nochmal ca. 150,- Euro Spritgeld.
    Aber nun, einen Tod muss man sterben, ich entschied mich für die 2. Version, weniger Geld, mehr Kilometer.
    Der „Urlaub“ begann nun am Donnerstag. Bei schönstem Sommerwetter schnurrte Borgi über die Bahn, erstes Ziel Nidda, den Hänger ansehen und für tauglich befinden, Termin für Montag festmachen. Weiter ins Niddatal, endlich den Wagen mit eigenen Augen besichtigen.






    Wie erwartet dauerte das etwas länger, der Kauf wurde besiegelt, und ich fuhr beseelt noch ein paar Kilometer, und suchte mir dann direkt am Rheinufer ein lauschiges Plätzchen für die Übernachtung.



    Freitag um die Mittagszeit traf ich in Enkirch an der Mosel ein, traf Kumpels, welche auch mit Oldtimern durch die Welt reisten, badete in der Mosel, wir genossen die Dia-Vorträge und die rituellen Fleischverbrennungen auf dem Grillöfchen.





    800 Fahrzeuge, aber nur 2 Borgis. Das ist schon traurig.



    Unimogs gab es dafür in allen Sorten.




    Am Samstagmorgen kam mir die Idee, dass es doch schön sein würde, wenn hinten am Hänger ein oranges Rundumlicht leuchten würde, wenn ich mit 30 km/h die Kasseler Berge hochrase.
    Und weil auf diesem Treffen auch immer ein schwunghafter Teilehandel betrieben wird, hatte ich alle Teile, die ich brauchte, um sowas zu bauen, am Abend zusammen.
    Sonntag um die 15. Stunde starte ich den Boliden und mache mich auf den Weg nach Nidda. Auf einer idyllischen Lichtung im Wald wird übernachtet, und am Montag um 8:00 stehe ich beim Vermieter auf der Matte. Es ist das erste Mal in meinem Leben, das ich keine Papiere unterschreiben muss, um einen Hänger zu mieten.
    Um 9:00 stand ich vor der Scheune, auch die anderen waren pünktlich, und gemeinsam verluden wir die Zeitkapsel.







    Wie sich nämlich rausstellte, stand dieser Borgi nicht 20, sondern 28 Jahre in dieser Scheune. Alles was man in den Türtaschen und anderen Ecken findet, war aus dem Jahre 1988. Landkarten aus der Vorwendezeit, und noch andere Dinge, auf die ich später noch eingehen werde.
    Um 12:00 war die Fuhre verzurrt und verkabelt und es konnte losgehen.
    Nun gibt es ja Leute, die behaupten, die Bremsen meines Borgi wären nicht so gut.
    Diese Leute sind aber auch verblendet von Druckluftunterstützten Mercedesbremsen.
    Okay, ein bisschen haben sie vielleicht recht. Solo ist alles in Ordnung, aber mit 3,5 Tonnen hinten dran muss man schon sehr vorausschauend fahren.
    Auf dem Hinweg wählte ich die Strecke über Weimar und Erfurt, um die Hügelsituation auszuleuchten. Die Berge waren nicht weniger und nicht flacher als die Kasseler Berge, aber stellenweise nur zweispurig und ohne Pannenstreifen. Teilweise sogar mit Baustelle.
    Da fiel es nicht schwer, für den Rückweg die Strecke über die Kasseler Berge zu wählen. Hier war alles 3-Spurig ausgebaut, mit Pannenstreifen.
    Von Niddatal ging es also über Gießen und Marburg die Bundesstraße 3 entlang. Die Straße war mir bekannt, nicht ganz so hügelig, und ich sparte einige Berge auf der Autobahn.
    Aber kurz vor Kassel mündet die 3 auf die Autobahn und ab da wurde die Gangart schneller.
    Bergab hielt Borgi tapfer mit, aber Bergauf war dann meistens der Pannenstreifen meiner und die orange Rundumleuchte führte ihren Tanz auf. Bei einer Geschwindigkeit zwischen 40 und 60 hat man auch viel Zeit, den Weg vor sich zu beobachten, um eventuelle Havaristen rechtzeitig zu entdecken und zu umschiffen.




    Wenn man solche Aktionen schon ein paarmal gemacht hat, bekommt man auch hierbei eine gewisse Routine, so dass auch die Kasseler Hügel irgendwann immer kleiner wurden. Ab Braunschweig war es dann nur noch Kinderkarussel.
    Um 21:00 war ich bei meinen Möbeln, und Borgi hatte 1600 pannenfreie Kilometer mehr auf dem Tacho.
    Der Dienstag ging damit drauf, die Zeitkapsel abzuladen, etwas rumzurangieren, und den 124er noch mal durchzusehen. Denn mit ihm wollte ich ja morgen den Hänger zurückbringen.



    Die Zeitkapsel trifft an der Scheune ein.


    Der Plan ist, den Hänger am Nachmittag abzugeben, im Daimler auf der schönen Waldlichtung zu übernachten, und am Donnerstag entspannt zurück düsen.



    Aber wie so oft, webt Murphy dann noch einige Korrekturen ein.
    Mittwoch um 8:00 düse ich mit dem Hänger über die Avus, 6 Stunden und 530 Km später gebe ich den Hänger in Nidda ab. Um 15 Uhr ist der Daimler wieder vollgetankt, aber irgendwie ist es noch zu früh zum übernachten.
    Also ändere ich den Plan und mache mich auf den Weg. Da die Geschwindigkeit jetzt ohne Hänger um einiges höher liegen kann, rechne ich damit, um 19:00 eine eiskalte Milch aus dem Kühlschrank nehmen zu können.






  • Da der Daimler die Hügel schön glattbügelt, geht es über die A5 auf die A7. Die Bahn ist relativ leer und ich kann mich dem Geschwindigkeitsrausch hingeben.
    Allerdings nur bis kurz vor Kassel, dann ändert Murphy diesmal den Plan. Bei 140 löst sich ein Hinterreifen auf. Da der Kurs nun eh` ein wenig instabil wird, nutze ich die entstehende Dynamic um mich von der Überholspur durch eine Lücke in den LKW`s auf den Pannenstreifen vorzuarbeiten.
    Tja, 6 Jahre alte Firestone sind eben keine 30 Jahre alten Robur-Reifen.
    Noch ist meine Laune gut. Meine Pausen sind eh` immer zu kurz, da sind 30 Minuten Zwangspause gar nicht so schlecht. Sogar mit Bewegung.
    Und zum Glück gehöre ich zu den Leuten, die auch regelmäßig den Luftdruck ihres Reservereifens prüfen. Daher wusste ich auch, dass das Reserverad eine Alufelge hat, was nicht ganz unwichtig ist.
    Bei Mercedes sind die Radbolzen für Stahlfelgen kürzer als die für die Alufelgen.
    Aber, wie heißt es so schön : Man kann alt werden wie `ne Kuh, man lernt immer dazu !
    Ich lernte in diesem Augenblick, das Mercedes auch für Alufelgen verschieden lange Radbolzen hat. Und meine waren definitiv zu kurz.
    Prima, die Pause wird länger, und der ADAC kann mal beweisen, wie Fit seine Mitarbeiter sind. Zwei Stunden später bringt ein großer Abschleppwagen 5 passende Radbolzen, ich kann das Rad festschrauben und weiter geht`s.
    So wird die Milch eben erst um 22:00 aus dem Kühlschrank geholt.
    Von der Zeitkapsel gibt es später noch ein paar Bilder.

    Gruß Jozi.

  • Sauber gelöst. Und da der Borgi ja doch sehr original und gut erhalten ist war es doch die richtigere Lösung dass du ihn dir ziehst und so erhältst wie er vorgefunden wurde
    Derweil kann ich an meinem Bastelteil mit den Aufgaben wachsen und reifen ohne Angst zu haben was Originales zu zerstören.
    Danke dir nochmals für deine Hilfe und schon mehrmalige Unterstützung und hoffe jetzt wo ich Zwangsbastelpause habe bald zu hören ob und wie er läuft.
    Gruß Mario

  • endlich mal wieder ein oranger büssing :love:
    wenn du den sandfarben machst, wirst du auf dem nächsten lkw-treffen öffentlichkeitswirksam ausgepeitscht :D


    Unter anderem für mich der wichtigste Grund dieses Fahrzeug Jozi zu überlassen, selbst als Anfänger möchte ich mir nicht ausmalen was mit mir geschehen wäre wenn sich der Farbton um einige Nuoncen von 7008 in 1002 gewandelt hätte ^^

  • endlich mal wieder ein oranger büssing
    wenn du den sandfarben machst, wirst du auf dem nächsten lkw-treffen öffentlichkeitswirksam ausgepeitscht


    Arne, von dir lass ich mich gerne auspeitschen, vorausgesetzt, du kommst in Ledergurten und Gesichtsmaske.


    Der Plan ist folgender : Anhand des grandiosen Originalzustand wird er in den nächsten 2 Jahren behutsam instand gesetzt. Dazu gehört aber auch,dass die orange Rostschutzfarbe
    verschwindet und er wieder 7008 wird.
    Orange kommt für mich gleich nach Michi`s Nordhimmelhellblau.
    Wir werden sehen, dass auch an diesem Auto geschweißt werden muss, der Tank und der Scheibenrahmen sind Schrott, und schau`n wir mal, was noch so kommt.


    Wenn er dann allerdings nicht hier in diesem Kreis verkauft wird, werde ich ihn wohl doch beige machen, denn beige Borgis verkaufen sich schneller als diese tristen Farben. :]


    Gruß Jozi.

  • Eine wunderschöne Farbe!


    absolut! :love:
    ich war ja auch eine weile am überlegen, meinen büssing so zu machen.
    da es aber mittlerweile schon wieder einige fertige und halbfertige davon gibt, fiel die entscheidung ihn in seinem originalen tannengrün zu belassen. sonst werden doch unsere treffen zu langweilig ;)

  • Es ist jedesmal ein spannender Augenblick in die Geschichte eines "neuen" Autos einzusteigen.
    In den Türtaschen liegen Landkarten von 1986, unter dem Sitz ein "Knirps". (Die Jüngeren werden gar nicht mehr wissen, was ein Knirps ist. :] )
    Man sieht in alle Ecken, man findet Original-Zubehör, das man bisher nur aus Büchern kannte, man liegt unter dem Wagen und stellt fest, das er unfallfrei ist, und das sein Vorbesitzer ein guter Abschmierer war. So gut, das Rost hier unten fast nicht existiert.



    34000 original Kilometer.



    Sogar das Innenzelt ist noch vorhanden.




    Ein gut erhaltene Sitzbank in seltener Farbe auf der einen Seite.



    Dafür unbrauchbarer Schrott auf der anderen Seite.


    Wenn also jemand eine Sitzbank und eine Lehne in 7008 hat....



    Dafür nur leichter Oberflächenrost in den Ecken.



    Und ein originales Radio mit der seltenen Büssingkonsole.




    Da es ein warmer Tag ist, beschließe ich den Hochdruckreiniger singen zu lassen.



    28 Jahre Staub müssen beseitigt werden.



    Die untere Naht an der Scheibe und der Stoff haben es hinter sich.






    Morgen geht es weiter, da wollen wir mal sehen, ob wir ihn mit anschleppen zum laufen kriegen.


    Gruß Jozi.

  • Ach Jozi,
    Nur geil!!!
    Übrigens, meine Scheibe ist drin und nun machen wir Ihnen auch fertig.
    Freue mich total darauf. Habe heute die Flex schon mal singen lassen.


    LG Birgit

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!