Zylinderreparatur 6M2,4

  • Wir wissen ja, daß es sich generell lohnt, neu geangelte Motoren erstmal zu öffnen und nicht einfach drauf zu vertrauen, daß innen alles in Ordnung ist.
    Wenn der Tachostand folgendes zeigt, dann sowieso. Denn Borgward hat bei den Benzinern den großen Fehler gemacht, einfach in den Guss zu bohren. Wer Borgward kennt, sollte also schon vorher mit dem Schlimmsten rechnen.


    Also kommt das große Zerlege-Programm, so daß wir den Motor begutachten und vermessen können:


    Ergebnis: Nockenwelle, Kurbelwelle, Stößelstangen jungfräulich, Zylinder hingegen 5 Hunderstel verschlissen, einer fette Riefen. Diese Riefen sind so tief, daß Handlungsbedarf besteht.
    Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Dieser Motor wäre sicher gelaufen, sogar alle Kolbenringe waren frei. Er wäre Wahrscheinlich sogar nicht schlechter gelaufen, als was sonst so rumfährt. Aber mein Maschinenbauerberuf lässt mir da keine Wahl, er wird gemacht.


    Neulich kam von ein paar verwirrten mal die Aussage, manuelle Maschinen könnten nicht so genau arbeiten, wie CNC. Also kam der Motor bei uns ganz bewusst auf die alte Maschine, um hier mal das Gegenteil zu beweisen :)
    Mein Kollege war so freundlich, mir nach Feierabend mit seinem Bohrwerk behilflich zu sein.


    los gehts mit dem reinigen der Planflächen


    Ausrichten der Anlage


    Ermitteln der Mitte durch Antasten


    Messergebnis zeigt exakt das gleiche wie das Micrometer: 78,07, also 5Hunderstel Verschleiß


    Überprüfen, wie winklig Borgward damals gebohrt hat: bei einem Hundertstel kann man nicht meckern :thumbup:


    Los gehts



    Anstich für den Buchsenbund


    Locktite 638 und 1 Hunderstel Schrumpfmaß halten die Buchse bombenfest


    nächste Woche gehts weiter, dann bohren und hohnen wir die Buchse auf Endmaß...

  • Gibt es Bilder vom Buchsen setzten?


    das Einpressen ging so unspektakulär schnell, daß ich da glatt die Kamera vergessen habe.
    Aber das hier ist ja nur der Testlauf gewesen, ob es auf der Maschine so klappt wie ich wollte. Im Januar werden dann noch die anderen fünf Zylinder gemacht, dann gibts Fotos :)

  • Wo habt ihr denn die Buchse her? O)der habt ihr die selber gemacht?
    Habt ihn die in flüssigen Stickstoff runtergekühlt?
    Und auf welches Maß hast du gebohrt?


    eine maßlich passende Buchse habe ich beim 1,6l Peugeot-Diesel gefunden. Außenmaß 81,08, Bohrmaß wird dafür mit 81,05-81,07 vorgeschrieben.
    Die Buchsen werden "normal" eingepresst, ohne Kühlen. Problem beim Kühlen ist, daß sie beschlagen und das mag der Kleber nicht.

  • die genaue Teilenummer der Buchse werde ich nach erfolgreichem Einfahren des Motors hier selbstverständlich veröffentlichen. Da es sich ja hier um einen Selbstversuch handelt, kann man erst danach mit Gewissheit Empfehlungen aussprechen (wüsste aber nicht, was jetzt noch schiefgehen kann :) ).

  • das Einpressen ging so unspektakulär schnell, daß ich da glatt die Kamera vergessen habe.
    Aber das hier ist ja nur der Testlauf gewesen, ob es auf der Maschine so klappt wie ich wollte. Im Januar werden dann noch die anderen fünf Zylinder gemacht, dann gibts Fotos :)


    Da freue ich mich drauf! :top:

  • Saubere Arbeit :thumbup: Eine CNC-Maschine ist genauso doof wie eine konventionelle, wenn man ihr keine Maße und Startpunkte gibt. Die Maschinentoleranzen hängen immer noch von der Fertigungsqualität ab. Und wer seine Maschine kennt, kommt auch damit klar :schweißen:Und für solche Arbeiten hilft kein Computer, sondern Wissen :dev: Ich freu mich auf die andern 5 Buchsen!

    Bullitreiber / Robert


    kostengünstiger Hersteller von CO2 und Überlebender der 1975 prognostizierten Eiszeit, des Waldsterbens, des Konsums von Salz und Eiern, des Millenniumbugs und der Klimakatastrophe :schweiz:


    :rad:

  • Und wer seine Maschine kennt, kommt auch damit klar


    da sagst du was! es gab sogar innerhalb unserer fertigung einige leute, die meinten, der "ausgenudelte alte knochen" könne das nicht mehr. der bediener der maschine kennt aber die tricks und schwachstellen seiner maschine. wie z.b. anfahren der achsen nur noch in eine bestimmte richtung nach dem ausrichten, um lagerspiel der verfahrwege zu eliminieren :thumbup:


    und da das große bohrwerk im moment von der laufenden fertigung dauerbelegt ist, fiel die entscheidung nicht schwer, aufs alte zu gehen.

  • heute wurde die buchse auf endmaß minus 2 hunderdstel gebohrt, der rest wird gehont.


    da es heute genauer zugeht als letztes mal, wurde der block zentrisch aufgespannt


    rundlauf kontrollieren


    durchmesser der roh-buchse


    einstellen des bohrdurchmessers


    im gegensatz zu letztem mal (guss wird trocken bearbeitet), wird heute nass gebohrt


    ...was natürlich bedeutet, daß die brühe wieder rausgeholt werden muss


    jetzt kommt leider erstmal eine 8-wöchige pause, da ich am knie operiert werde. also etwas geduld ;)

  • ...sind meist (‎mit den entsprechenden Bedienern) Ihren CNC Kollegen überlegen, denn früher musste alles von Hand gemacht werden, denn da wurde ein Motorblock wahrscheinlich auch auf einem Bohrwerk bearbeitet, und bei heutigen sehr modernen Bearbeitungszentren werden Fehler in der Steuerung einfach "wegprogrammiert".


    Ich hab da noch ein paar fragen:
    Ist das eine SK 50 oder sogar ne SK 60 Aufnahme auf dem Foto?
    Und welche Drehzahlen fahrt ihr beim ausspindeln? Vc=50m/min? ‎


    Gruß Steffen

  • Wie lange braucht man denn da ungefähr um die 6 Zylinder mit Buchsen zu versehen?


    wir haben fürs buchse setzen 3 Stunden gebraucht (allein 1,5 Std war maschine einrichten).
    die buchse ausbohren hat dann nochmals 3 Std benötigt, da wir uns an den enddurchmesser rangetastet haben, nach dem motto "vertrauen ist gut, kontrolle ist besser" :)


    die restlichen 5 buchsen würden kaum länger dauern, da man nur bei der ersten bohrung "probieren" muss und für die restlichen einfach den bohrer wieder einspannt.


    das zeigt aber auch, daß sowas ne ziemlich teure angelegenheit würde. selbst, wenn man jemanden nur nach stundensatz bezahlen müsste.


    Ist das eine SK 50 oder sogar ne SK 60 Aufnahme auf dem Foto?
    Und welche Drehzahlen fahrt ihr beim ausspindeln? Vc=50m/min? ‎


    das muss ich meinen kollegen fragen. wir haben auf jeden fall ein wenig experimentiert, bis wir zufrieden waren.

  • inzwischen ging es zumindest einen kleinen schritt voran, mit dem auf maß schleifen des zylinders:


    hier zeigte sich auch die spätere standfestigkeit gegenüber dem original: während ich im weichen block für 1/100mm 5 minuten brauchte, waren es hier satte 30 minuten!


    und so sieht dann ein fertiger, flammneuer zylinder aus :)


    eine kleine veränderung gibt es noch:
    kolben 2 (die einzige 78,00-bohrung im motor) wandert nun an stelle 4. dadurch sind die restlichen kolben mit identischem maß, so daß deren bearbeitung schneller von statten geht.

  • da es noch dauert, bis die Zylinderbuchsen aus Frankreich kommen, gehts erstmal am kopf weiter.
    ziel ist es, die verdichtung auf 2,3er niveau anzuheben.


    dazu muss also erstmal das brennraumvolumen ermittelt werden. dieses ist NICHT gleich dem hubraum, (anmerkung der redaktion) :D .


    eine plexiglasplatte wird mit etwas fett auf dem kopf "aufgeklebt". durch die löcher füllt man mit einer spritze dünnflüssiges öl ein, bis sämtliche luft entwichen ist. nun liest man das volumen ab.


    ergebnis: 53ccm


    die mulde im kolben wird genauso gefüllt:


    inhalt: 6ccm
    die kopfdichtung schlägt mit 5,7ccm zu buche.


    der rest ist stinklangweilige mathematik.
    ausgemessen komme ich somit auf eine serienverdichtung von 1:7,0. werksangabe 1:6,9, also passt.


    etwas weiter gerechnet heißt es, für 1:8,0 müssen 2mm vom Kopf runter. mehr werde ich nicht machen, da sonst die gefahr besteht, die wasserkanäle zu erwischen.

  • Moin,
    Respekt, saubere, interessante handwerkliche Arbeit. :G


    Dabei muß ich an die Transafrika-Geschichte denken:
    Borgward B2000A/O in Sahara
    Die haben in Afrika alle 6 Zylinder ausbuchsen lassen für .... € 200,- 8o
    Weiß nicht, welche Qualität und ob es gehalten hat, aber interessante Geschichte auf jeden Fall die ganze Fahrt.


    Gruß
    Klaus

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