Ich hatte eine Farm in Afrika.....



  • ….am Fuße der Auas-Berge.
    Natürlich war das nicht meine Farm, aber wenn man da 20 Jahre lange jedes Jahr einige Wochen verbringt, kommt es einem irgendwann so vor.
    Man erlebte sowohl die Fortschritte als auch die Rückschritte hautnah mit, man sammelte Zeug an, in diesem Fall in erster Linie Borgward-Teile, Platz war ja ohne Ende vorhanden, und man erfreute sich an der großartigen Landschaft, in der die Farm lag.
    Und ich sah unzählige Hunde kommen und gehen, die dafür sorgten, dass kein Unbefugter den Plot betrat und dadurch nie etwas von den abgestellten Autos verschwand.
    Und nun hieß es plötzlich : Wir werden die Farm verkaufen!
    Nicht mal die Besitzer selber hätten zwei Jahre vorher damit gerechnet. Aber Jan hatte als starker Raucher ein Leben lang seine Lunge vollgeteert, und nun war der Zeitpunkt erreicht, wo die Lunge es nicht mehr schaffte, den zum Leben notwendigen Sauerstoff zu absorbieren.
    Jedenfalls nicht auf 1700 Metern über dem Meer, auf dieser Höhe liegt nämlich die Farm.
    Atmen war erst wieder auf Meereshöhe problemlos möglich. Damit war ein Umzug nach Swakopmund beschlossene Sache.
    Und für mich bedeutete das : Umziehen !
    Zum Glück war der Ort der Neuansiedlung schnell gefunden. Jörg, Jan`s Sohn, meinte nur, na, dann kommt ihr eben auf meine Farm.
    Seine Farm liegt auch nur 30 Kilometer von der anderen entfernt, aber 25 Km davon sind Gravelroad, also Piste. Die ja die meiste Zeit des Jahres problemlos zu befahren ist, nur in der Regenzeit kann es hier und da Probleme geben.
    Denn schließlich führt die Piste durch drei Flußbetten und auch in jeder anderen Senke werden durch starke Regenfälle heftige Furchen in die Fahrbahn gespült.
    Ich kam am Donnerstag an, und am Sonntag setzte die Regenzeit so heftig ein, dass auf der neuen Farm gleich mal ein neu aufgeschobener Damm weggespült wurde.
    Aber hier freuen sich ja alle immer über Regen. Ist ja auch irgendwie verständlich, denn die Existenz der Farmer hängt buchstäblich davon ab, wieviel Regen sein Land in den zwei Monaten der Regenzeit bekommt. Die Planzen blühen wieder auf, was sowohl den Wildtieren als auch den Milch-Antilopen zu Gute kommt, und es füllt den Grundwasserspiegel, damit die Brunnen und Bohrlöcher nicht trocken fallen. Insofern ist es nicht verwunderlich, wenn die Leute dann, wenn mal ein heftiger Regen über ihre Farm gezogen ist, beim Radio anrufen und die Niederschlagsmenge durchgeben.
    Die wird dann auch immer erfreut angesagt, und am Ende der Sendung wünschen die Moderatoren ihren Hörern ein verregnetes Wochenende.
    Wer nun also wieder den üblichen Reisebericht erwartet, den muss ich enttäuschen. Für reisen blieb diesmal keine Zeit. Vielmehr gibt es diesmal nur einige Umzugs-Impressionen von einem der über 20 Jahre lang in einem fremden Land Borgwardse und Teile angesammelt hat, und eigentlich nie daran dachte umziehen zu müssen.


    Auf der Farm standen also 4 Borgis, von denen 3 fahrbereit waren. Der vierte war der 522er Koffer-Borgi, dessen Vorderachse Michi und ich ja im letzten Jahr geschlachtet hatten, um unseren Reise- Borgi wieder fahrfähig zu machen. Der musste nun erstmal wieder rollfähig gemacht werden.
    Und noch ein Handicap wies der Wagen auf : Der Motor, ein Daimlermotor, war nur mit Holz und Draht im Auto befestigt. Hier war nun ein fester, dauerhafter Einbau vonnöten, damit er bei der bevorstehenden Schleppaktion auch im Fahrzeug blieb.







    Hier sieht man mal wieder, wie die Autos in diesem Land leiden.



    Zuerst musste ich die Halter für das Getriebe bauen...



    ...denn die Halter am Borgi-Rahmen wollte ich übernehmen.











    Damit war die Länge nach vorne vorgegeben, und da ging es dann auch weiter.



    Der Schrotthaufen der Farm enthält alles, was man braucht.



    Nach dem Salzsäurebad sieht das Eisen wieder aus wie neu.



    Der Träger muss noch einige Veränderungen über sich ergehen lassen.










    In den originalen Träger mussten noch Schrauberöffnungen geflext werden.



    In diesem Depot lagert das "Rohmaterial".



    Als alles befestigt war, konnte die Schlepp-Aktion starten.



    Früh am Morgen ging es los...










    Manchmal hat man ja auch Glück. Zwei Tage vor dieser Aktion hat der Grader die arg zerfurchte Piste glatt gehobelt, so konnten wir fahren wie auf der Autobahn.

  • Dann musste Heinz`s Hänger abgebockt und rübergebracht werden. Und es war gut, dass er aufgebockt war, sonst hätten die Reifen arge Standschäden gehabt, denn ein Reifen hatte in den drei Jahren Standzeit seine Luft völlig verloren.






    Zwischenzeitlich wurden die beiden Container teilweise umgeräumt, teilweise ausgeräumt. Da war es hilfreich, dass ich den Farmeigenen Pick-Up, einen Mazda mit Allrad und die vorhandenen Anhänger nutzen durfte.
    Tagsüber wurde konstruiert und gebaut, und/oder gepackt, und am späten Nachmittag wurde die Fuhre dann zur anderen Farm gebracht.
    Als nun die Regenfälle immer häufiger wurden, wurden auch die drei Flusspassagen auf der Piste immer schwieriger. Da hatte der Mazda mit seinen abgefahrenen Breitreifen zunehmend Probleme.
    Also musste ein richtiges Zugfahrzeug für die Anhänger her, die nun ja auch immer mit Steinen beladen wurden. Diese Interlogs, wie man sie hier nannte, waren ja sozusagen die Grundlage meines Bastelplatzes, und sollten es drüben auch wieder werden.
    Da bot sich „Schröder“, der Farm-Borgward, an. Der hatte zwar noch keine Kugelkopf-Kupplung, aber das konnte schnell geändert werden. Schließlich hatte ich in Deutschland schon einige davon gebaut, und der Schrotthaufen der Farm, durch die Reinigungsaktion schön komprimiert, gab genug Material her.
    Danach waren auch sumpfige Flußbetten kein Problem mehr.












  • Mein Reisekumpel sprang nach 10 Monaten Standzeit problemlos an.
    Also brauchte es nur die kleine Inspektion, sprich: Kontrolle aller Ölstände.
    Allerdings zerlegte ich noch schnell die linke Seite der Vorderachse, und ersetzte den Achsstumpf auf dem die Lager sitzen. Denn im letzten Jahr war uns ja genau dieses Teil auf der rechten Seite gebrochen und da wollte ich sichergehen, das die andere Seite nicht auch schon Haarrisse hat.



    Wir erinnern uns...




    Aber hier war alles in Ordnung. Trotzdem baute ich aber das mitgebrachte Ersatzteil ein.
    Das ausgebaute Teil wanderte dann in den 522er, um den rollfähig zu machen.




    Schon im letzten Jahr, während der Reparatur auf dem Campingplatz, war mir aufgefallen, dass die Bremsbeläge es hinter sich hatten. Also hatte ich zwei Pakete Bremsbeläge im Koffer, die ich jetzt aufnieten wollte.
    Als ich in Windhoek den Laden aufsuchte, wo man die dafür nötigen Nieten kaufen konnte, kam mir eine andere Idee : Ich ließ neue Beläge aufkleben.
    Das klappte dann auch innerhalb von zwei Tagen, und kostete 28,. Euro, für 4 Backen !
    Die Beläge zum aufnieten habe ich dann wieder mitgebracht.





    Durch die Erfahrung am 522er aufmerksam geworden, stellte ich fest, das auch bei diesem Wagen das Widerlager lose war.




    Dann fuhr ich den Wagen auf die andere Farm, wo er wieder aufgebockt wurde. 30 Kilometer, das war die kürzeste Distanz, die ich mit dem Wagen in einem Urlaub gefahren bin.





    Mein Kumpel Tom wollte die letzen drei Wochen rüberkommen und mich unterstützen und sein Kram und seinen Borgi ebenfalls verfrachten. Doch der Krankheitsteufel machte ihm einen Strich durch die Rechnung, statt Auslandsflug gab es Intensivstation im heimischen Krankenhaus.
    Also blieb mir nichts anderes übrig, als mich auch um sein Auto zu kümmern.
    Aber auch dieser Borgi sprang ohne Probleme an, nach 22 Monaten, und ich konnte ihn auf die neue Farm bringen.




    Allerdings war nicht sicher, ob der Reifen bis zur anderen Farm halten würde...




    Zwischendurch ploppten dann noch Wünsche auf, als Jörg anfragte, ob ich denn den einen Betonmischer, den schweren, und den Kompressor-Anhänger, nicht auch mit rüber bringen könnte?
    Na, logisch, eene hand wäscht die andere, und beede dit Gesicht. Schließlich war er schon dabei, auf seiner Farm die neuen Fundamente für die Container zu gießen.
    Der Betonmischer war extrem schwer, und die Räder hatte irgend jemand mal anderweitig gebraucht. Ein Schicksal, das in Afrika auch vielen Reservereifen widerfährt.
    Aber mit meinem Motorgalgen war es trotzdem machbar, ihn auf den Anhänger zu kriegen. Der hatte schließlich noch alle vier Räder.



    Und immer, wenn man es gar nicht braucht, liegen spitze Steine in der Gegend rum.




    Bei dem Kompressor-Anhänger war etwas Vorarbeit notwendig. Der Anhänger war seit Jahren nicht mehr zugelassen, (er hatte noch ein Nummernschild aus der Zeit, als Namibia noch Deutsch-Südwest hieß.) hatte weder Licht noch Bremse, und ein Reifen war durch luftloses Stehen zerstört.
    Ein brauchbarer Mantel fand sich zwischen den angesammelten Altreifen der Farm, zwar nur ein 6.50 statt 7.50, aber hey, ein Anhänger hat kein Differntial.
    Die 5 Kilometer Teerstraße bis zum beginn der Gravelroad führten nun genau an einer Wiegebrücke vorbei, an der alle LKW`s über 3,5 To verpflichtet sind, sich wiegen zu lassen.
    Und damit das auch kein Fahrer übersieht und einfach vorbei fährt, lungert an der Einfahrt immer ein Polizeiwagen rum, bereit, jeden zu verfolgen, der ihm komisch vorkommt.
    Es gehört nicht viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, das auch der Borgi mit diesem Anhänger der Ordnungsmacht komisch vorgekommen wäre.
    Also war ein Besuch beim Nachbarn angesagt. In zwanzig Jahren hatten wir schon einige feuchte Abende gemeinsam verbracht. Er gab mir die nötigen Torschlüssel, und ich konnte mit meinem Gespann auf seinen Farmwegen die Ordnungshüter umgehen.
    Auf der Gravelroad hatte ich wieder freie Bahn, da trfft man keine Polizisten.







    Irgendwann waren die großen Brocken alle drüben, und es kam die Zeit, wo ich meine Badewanne verladen musste. Das hatte ich mir bis ganz zum Schluß aufgehoben.
    Denn wenn man den ganzen Tag bei 30° gewerkelt hat, dann war es sehr schön, sich in die warme, aber trotzdem noch erfrischende Jauche zu legen, und den Tag ausklingen zu lassen. Im Rücken der Backenzahn, im Westen die untergehende Sonne, im Osten die unendliche Weite und im Norden die rötlich angestrahlten Auas-Berge.
    Dieser Ausblick, diese Landschaft, werden mir fehlen…

    Morgen gibt es noch ein paar Fotos, für heute reichts mir.


    Gruß Jozi.

  • Hier wird meine neue Wirkungsstelle entstehen.



    Während ich mich um den Schrott kümmere, kümmern sich andere um die Fundamente für die Container.







    Irgendwann waren dann alle Autos drüben.



    Bis das Dach fertig ist, wurden sie eingepackt.



    "Opa" hatte schon früh damit begonnen, die Steine aufzubrechen. (Das tat mir körperlich weh).



    Mit jeder Hängerfuhre wurden auch Steine rübergebracht.



    Und schließlich musste die Badewanne rüber.








    Hatte ich schon erwähnt, das ich diesen Ausblick vermissen werde ?





    Ja, so ein Abschied fällt schwer. Aber ich glaube, auf der neuen Farm kann es auch ganz schön werden.





    Gruß Jozi.

  • Genia ! :thumbsup:


    Bleibt die spannende Frage: Wie sind die Container rübergekommen ?
    Oder bleibt das für den nächsten Urlaub übrig ?


    Hoffe, daß Dein neues Domizil was dauerhaftes ist - also was für die Rente, den Lebensabend oder die Phase der Pflegebedürftigkeit ^^
    Achja, und natürlich Homebase für die Borgwardvermietung.


    Gruß


    Peter

  • Jozi,


    Du bist eine der ganz seltenen charakterlichen Kombinationen aus Daniel Düsentrieb, Wolfgang von Goethe und Caspar David Friedrich!
    Die Mischung aus perfekter Feldinst (allein Deine Schweißnähte sind klasse!), höchst eloquent geschriebenen Berichten und super Bildern ist wirklich einmalig. Ganz, ganz grosses Kino!
    Ausspreche Lob und Anerkennung!


    Gruß von der Elbe an die Spree, Christian

  • Hallo Jozi, danke das du den Anhänger, auf dem sich auch einige Kleinigigkeiten von mir befinden, umgesiedelt hast. Die neue Farm hat einen großen Vorteil: Aus gesicherter Quelle weiß ich, das die dortige Rollmops-Population ausgestorben ist. Wenn Heinz und ich im Juli dort sein werden, treten wir auch nochmal die Kupplung deines Borgwards. Gruß Siggi

    Wissen ist heute eine rasch verderbliche Ware. (Arno Penzias)

    Einmal editiert, zuletzt von Sandiltis ()

  • Hallo Stephan
    Erst mal finde ich es schön, dass du heil und im Ganzen wieder bei deinen Möbeln in Berlin bist.
    Dann natürlich Hut ab vor deiner Leistung, einen Umzug managen und durchzuführen ist schon ganz schön knifflig, und dann noch auf einem anderen Kontinent. Manch einer würde sagen dort hat man beschränkte Möglichkeiten, ich sage man hat dort besondere Möglichkeiten kreativ zu werden.
    Deine Berichte sind natürlich einsame Spitze, auch wenn es bei dieser Tour eigentlich nur Alltagsprobleme waren.
    Aber evtl war es ein kleiner Vorgeschmack darauf was dich in der Rente erwartet. ^^ Auch in Namibia soll es auch mal Alltagsleben geben.
    Habe meinem Vater einige deiner Berichte inklusive Fotos ausgedruckt und gezeigt, bzw vorgelesen. Auch er war total fasziniert.
    Tiptop, bleib bitte lange fit und gesund und somit allen erhalten.

  • :) Vielen Dank für den Zuspruch.


    Und um die Fragen zu beantworten...


    Aber sag, woher kam das Wasser für die Wanne und wie oft wurde es gewechselt?!


    Das Wasser kam aus diesen Behältern.



    Die Plastik-Behälter, der andere ist stillgelegt. Und in die Behälter kommt es aus einem 103 Meter tiefen Bohrloch, wo unten eine Pumpe sitzt, die wir dieses Jahr auch noch erneuern durften, über eine 250 Meter lange Rohrleitung.


    In die Wanne kamen dann 5 Liter Badeschleim, welcher unter anderem dafür sorgte, das sich keine Mückenlarven einquartierten.
    Tote Insekten wurden jeden Tag abgesaugt, und da ich ja allein drin badete, reichte das Wasser 5 Wochen.


    , was wird denn aus der alten farm ?


    Nun, die wird verkauft, nächstes Jahr fahr ich mal vorbei, und guck, was daraus geworden ist.


    Und, Peter, die Container werden erst im Winter rübergebracht, also Juni, Juli, oder August. Dann ist die Regenzeit vorbei, und die Piste ist wieder für schwere LKW befahrbar. ( 3 Container auf einmal. )
    Wenn der sich in dem Flußbett festgefahren hätte, hätten wir erst den ganz großen John Deere vom Nachbarn holen müssen.


    Gruß Jozi.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!